Protestaktion bei CDU-Programmkongress in Celle

Öffentlicher Dienst: „Weiter springen oder weiter rumstolpern, Herr Hilbers?"

Ärger für TdL-Chef Reinhold Hilbers: Bei einem Kongress seines niedersächsischen CDU-Landesverbands musste er sich protestierenden Beschäftigten des öffentlichen Dienstes stellen.

Mehrere Dutzend Demonstrierende aus allen Bereichen des Landesdienstes bereiteten dem niedersächsischen Finanzminister Reinhold Hilbers (CDU), der als Vorsitzender der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) die Verhandlungen für die Arbeitgeber in der laufenden Einkommensrunde für den öffentlichen Dienst der Länder führt, am 27. November 2021 in Celle einen lautstarken Empfang mit Trillerpfeifen und Buh-Rufen, als er sich dort zum Programmkongress der CDU-Landesverbandes einfand. „‘Niedersachsen springt weiter‘, lautet der schmissige Claim für das Regierungsprogramm 2022, das der CDU-Landesverband hier heute diskutieren will, aber dessen Vize Reinhold Hilbers sollte Land und Leuten besser mal erklären, ob er in Sachen öffentlicher Dienst nun endlich springen oder weiter rumstolpern will", sagte Friedhelm Schäfer, Zweiter Vorsitzender des dbb und Fachvorstand für Beamtenpolitik, unter dem Applaus der Beschäftigten. „Es ist nicht zu fassen, dass die TdL in einer den öffentlichen Dienst in sämtlichen Bereichen bis zum Anschlag fordernden Pandemielage ohne jedes Signal des aufeinander Zugehens oder Anerkennens berechtigter Interessen auf Tauchstation geht", kritisierte Schäfer die Arbeitgeber, die in bislang zwei Verhandlungsrunden keinerlei Angebot vorgelegt hatten und auch ansonsten wenig Zeit für Gespräche erübrigen wollten. „Während tausende Menschen im Gesundheitsdienst, Lehrerinnen und Lehrer, Polizistinnen und Polizisten, Kolleginnen und Kollegen in den Krisenstäben, Verwaltungen und Behörden seit beinahe zwei Jahren am absoluten Limit arbeiten und versuchen, Leben zu retten, Gesundheit zu schützen und den Laden am Laufen zu halten, haben die Arbeitgeber keine Zeit und kein Angebot für sie. Das ist eine völlig neue Dimension der Ignoranz", zeigte sich der dbb Vize tief enttäuscht. „Moderner Staat? Klügste Köpfe? Starkes Füreinander? Herr Hilbers, in Anbetracht des Agierens der TdL sind das hohle Phrasen. Kommen Sie jetzt nach Potsdam an den Verhandlungstisch, legen Sie uns ein gescheites Angebot vor und lassen Sie uns zügig zum Ergebnis kommen!", forderte Schäfer.  

Alexander Zimbehl, 1. Landesvorsitzender des NBB Niedersächsischer Beamtenbund und Tarifunion, kritisierte die widersprüchliche Argumentation der Arbeitgeberseite. Die „Leere-Taschen-Rhetorik" der TdL stehe im krassen Gegensatz zu den aktuellen Steuerschätzungen, „die ein deutliches Plus ergeben und eine positive Wachstumsprognose unterstreichen. Vor diesem Hintergrund erwarten wir klare und positive Signale zugunsten des öffentlichen Dienstes", erklärte Zimbehl. Angesichts der Milliardenbeträge, die auch die Länder während der Pandemie bewegt hätten, sei das Schreckensszenario der TdL bezüglich der Kosten der gewerkschaftlichen Forderungen wenig überzeugend. „Natürlich liegt der Personalkostenanteil bei den Länderhaushalten bei etwa 50 Prozent. Wo sollte er auch anders liegen – Schulen ohne Lehrkräfte, Sicherheit ohne Polizistinnen und Polizisten, Pflege ohne Pflegepersonal funktionieren halt einfach nicht", erklärte der NBB Chef. „Es ist jetzt an der Zeit, warmen Worten endlich Taten für den öffentlichen Dienst folgen zu lassen!"  

Hintergrund

Die Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes fordern für die Beschäftigten der Länder unter anderem eine Erhöhung der Tabellenentgelte der Beschäftigten um 5 Prozent, mindestens um 150 Euro monatlich (im Gesundheitswesen mindestens 300 Euro) sowie eine Erhöhung der Azubi-/Studierenden-/Praktikantinnen-/Praktikanten-Entgelte um 100 Euro. Von den Verhandlungen betroffen sind etwa 3,5 Millionen Beschäftigte: Direkt ca. 1,1 Millionen Tarifbeschäftigte der Bundesländer (außer Hessen), indirekt ca. 1,4 Millionen Beamtinnen und Beamte der entsprechenden Länder und Kommunen sowie rund eine Million Versorgungsempfängerinnen und Versorgungsempfänger. Die dritte Verhandlungsrunde ist für den 27./28. November 2021 in Potsdam geplant.

 

 

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