Baden-Württemberg: Grundbuchamts- und Notariatsreform

Die baden-württembergische Landesregierung hat im Oktober 2015 für die Beschäftigten im Unterstützungsbereich der Notariate ein Maßnahmenpaket zur sozialverträglichen Umsetzung der Notariats- und Grundbuchamtsreform beschlossen. Der dbb, vertreten durch den Stellvertretenden Vorsitzenden der Bundestarifkommission, Karl-Heinz Leverkus, traf sich am 13. Januar 2016 mit Vertretern des Finanz- und des Justizministeriums des Landes Baden-Württemberg zu einem konstruktiven Gespräch über die Details des Maßnahmenpakets sowie über den aktuellen Stand der Umsetzung der Grundbuchamts- und Notariatsreform.

Stichwort Sonderurlaub

Das Maßnahmenpaket sieht unter anderem vor, dass die Tarifbeschäftigten für die Dauer von fünf Jahren Sonderurlaub gemäß § 28 TV-L in Anspruch nehmen können, um die Tätigkeit bei einem freiberuflichen Notar zunächst zu erproben. Während dieser Zeit bleibt das Beschäftigungsverhältnis mit dem Land bestehen. Diese Zeit gilt als Beschäftigungszeit im Sinne des § 34 Abs. 3 TV-L.

Anrechnung von Stufenlaufzeiten

In dem Gespräch konnte geklärt werden, dass entgegen des Wortlautes des Maßnahmenpakets die Zeit des Sonderurlaubs auf die Stufenlaufzeit angerechnet wird und die Beschäftigten, sollten sie sich für eine Rückkehr in den Landesdienst entscheiden, so gestellt werden, als ob sie unverändert beim Land weiterbeschäftigt worden sind.

Stichwort Besitzstandzulage

Beide Seiten waren sich auch einig, dass die Unterbrechung der Entgeltzahlung wegen Inanspruchnahme des Sonderurlaubs unschädlich für die Weiterzahlung der Besitzstandzulage ist.

Stichwort Wechselprämie

Das Maßnahmenpaket sieht für Tarifbeschäftigte, die ihr Arbeitsverhältnis zum Land bis spätestens 31. Dezember 2020 durch Abschluss eines Auflösungsvertrages freiwillig beenden, eine Wechselprämie vor. Die Prämie ist für Beschäftigte, die zum Zeitpunkt des Ausscheidens in Teilzeit tätig sind, entsprechend ihres Arbeitsumfangs zu reduzieren. Dabei bleibt der Beschäftigungsumfang der vorausgegangenen Dienstjahre außer Betracht, so dass sich eine kurzfristige Reduzierung der Arbeitszeit mindernd auf die Wechselprämie auswirkt. Diese Regelung erscheint zumindest in den Fällen ungerecht, in denen die Teilzeittätigkeit durch den Wegfall von Aufgaben im Zuge der Umstrukturierung bedingt ist. Voraussetzung für den Abschluss eines Auflösungsvertrages und damit verbunden der Gewährung einer Wechselprämie ist, dass das Arbeitsverhältnis nicht ruht. Damit ist eine Wechselprämie für diejenigen Beschäftigten ausgeschlossen, welche sich in dem maßgeblichen Zeitraum in Elternzeit befinden. Beide Regelungen würden sich insbesondere nachteilig für Frauen auswirken, welche den überwiegenden Anteil der Beschäftigten im Unterstützungsbereich der Notariate ausmachen.

Die Arbeitgeberseite hat zugesagt, zu prüfen, ob in diesen Konstellationen eine Nachbesserung des Maßnahmenpakets bzw. eine Ausnahmeregelung in begründeten Einzelfällen möglich ist und die Wechselprämie attraktiver gestaltet werden kann.

Weitere Themen

Beide Seiten waren sich einig, dass Tarifbeschäftigte, die nicht wechselwillig sind und gegebenenfalls eine neue Tätigkeit ausüben müssen, bei einem Verbleib im Landesdienst ihre Eingruppierung beibehalten und die Besitzstände dynamisiert werden. Der dbb hat sich in dem Gespräch dafür stark gemacht, dass den Beschäftigten in der Justiz entsprechende Qualifizierungs- und Weiterbildungsangebote unterbreitet werden.

Weiteres Vorgehen

Wenn das momentan laufende Interessenbekundungsverfahren vollständig abgeschlossen und ausgewertet ist, werden die Beschäftigten vom Land entsprechend individuell informiert. Die Arbeitgeberseite hat zugesagt, die Umsetzung der Maßnahmen in Abstim-mung mit dem dbb/BBW durchzuführen und den Dialog alsbald fortzusetzen.

Hintergrund

In Baden-Württemberg werden notarielle Aufgaben bislang von drei unterschiedlichen Personengruppen wahrgenommen: Notare im Landesdienst bei staatlichen Notariaten, solche zur hauptberuflichen Amtsausübung (freiberufliche Nurnotare) und Anwaltsnotare. Zum 1. Januar 2018 werden nur noch freie Notare tätig sein. Ebenfalls zum Stichtag 1. Januar 2018 werden die über 650 kommunalen und staatlichen Grundbuchämter in 13 grundbuchführende Amtsgerichte eingegliedert. Die Grundbuchamts- und Notariatsreform ist die größte Strukturreform in der baden-württem-bergischen Justiz und hat insbesondere auf die ca. 1.900 Beschäftigten im Unterstützungsbereich der Notariate Auswirkungen. Durch die Auflösung der derzeit bestehenden ca. 300 staatlichen Notariate fallen in erheblichem Umfang Aufgaben weg.

 

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