Gemischtes Echo auf neues Maßnahmen-Paket

Entlastungen: Für Frauen überwiegend nicht „maßgeschneidert“

Die dbb frauen hätten sich beim dritten Entlastungspaket der Bundesregierung mehr Passgenauigkeit gewünscht – viele Maßnahmen gehen an der Lebenswirklichkeit von Frauen vorbei.

„Wir begrüßen, dass die Bundesregierung weitere Anstrengungen unternimmt, um angesichts dramatisch steigender Energie- und Lebenshaltungskosten für Entlastung zu sorgen. Haushalte mit niedrigen Einkommen, zu denen insbesondere viele Alleinerziehende, überwiegend Frauen, zählen, treffen die steigenden Preise besonders hart. Deswegen hätten wir uns mehr Passgenauigkeit bei den Maßnahmen erhofft“, sagte dbb frauen Vorsitzende Milanie Kreutz am 5. September 2022 in Berlin. „Gerade die alleinerziehenden Frauen haben ein erhöhtes Risiko, in Armut zu leben, und agierten schon vor der Inflation überwiegend an ihrer finanziellen Belastungsgrenze. Sie haben überhaupt keinen Puffer für ungeplante Ausgabensteigerungen, geschweige denn für Preise, die derzeit kein Limit nach oben kennen.“ Nun auch Rentnerinnen und Rentnern eine Energiepauschale zu zahlen, sei längst überfällig, zumal Frauen stärker von Altersarmut betroffen sind als Männer, betonte Kreutz. „Aber für die Berufstätigen am Limit ist das keine Lösung, und auch eine entsprechende flächendeckende Regelung für die Pensionärinnen und Pensionäre von Bund, Ländern und Kommunen von Beginn an wäre ein starkes Signal gewesen, blieb aber leider aus. Die Ruhestandsbeamtinnen und -beamten in den Bundesländern müssen nun darauf hoffen, dass die Dienstgebenden die Entlastung auch für sie umsetzen – gerecht geht anders.“

Auch in weiteren Punkten vermisst die dbb bundesfrauenvertretung Maßnahmen, die sich an den tatsächlichen Arbeits- und Einkommensbedingungen von Frauen orientieren. „Nur, weil man es gebetsmühlenartig wiederholt, ist das Entlastungspaket für Frauen eben überwiegend nicht ‚maßgeschneidert‘“, betonte dbb frauen Vorsitzende Kreutz. So stärke die angekündigte Midi-Job-Reform mit einer Anhebung der Einkommensgrenze auf 2.000 Euro höchstwahrscheinlich weiter den Anreiz zu Teilzeit- statt Vollzeittätigkeit. „Im Midi-Job-Bereich sind vor allem Frauen betroffen, und wenn noch mehr von ihnen noch länger in Teilzeit arbeiten, hat das entsprechende negative Konsequenzen für ihre Alterssicherung“, gab Kreutz zu bedenken. „Auch von der Homeoffice-Pauschale profitieren nur Berufstätige, die pro Jahr inklusive der neuen Pauschale auf über 1.000 Euro Werbungskosten im Jahr  kommen, von denen Fahrtkosten in der Regel die größte Position ausmachen. Und weil Männer deutlich öfter als Frauen pendeln, die häufiger kurze Strecken mit dem ÖPNV, mit dem Fahrrad oder zu Fuß unterwegs sind, profitieren sie stärker, zumal die Pendlerpauschale noch erhöht wird. Deswegen ist es ganz wichtig, neben einer geschlechtergerechteren Ausgestaltung steuerlicher Entlastung schnell ein günstiges Folgeangebot für das 9-Euro-Ticket auf den Tisch zu legen“, forderte Kreutz.

Die Vorsitzende der dbb bundesfrauenvertretung lenkte vor dem Hintergrund des neuen Entlastungspakets schließlich den Blick auch auf die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes, die die Maßnahmen nun entsprechend umzusetzen hätten: „Es ist richtig und wichtig, dass dieses Entlastungspaket für die Bürgerinnen und Bürger kommt. Gleichzeitig müssen wir die Belastungssituation der Kolleginnen und Kollegen insbesondere in den Kommunen im Auge behalten. Sie sind es nämlich, die dafür sorgen, dass die Inhalte des Pakets auch bei den Empfängerinnen und Empfängern ankommen. Je mehr Bürgerinnen und Bürger aufgrund steigender Lebenshaltungskosten auf Grundsicherung und Leistungen nach dem SGB II angewiesen sind, desto größer wird der Druck auf die Beschäftigten. Auch hier erwarten wir politische Lösungen, die für Entlastung sorgen“, betonte Milanie Kreutz.

 

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