Gleichstellung und Steuerpolitik

Europäisches Parlament gibt wichtigen Impuls

Mit einer aktuellen Entschließung hat das Europäische Parlament die EU-Kommission und die EU-Mitgliedstaaten aufgefordert, Maßnahmen zur Förderung der Gleichstellung der Geschlechter in europäischen Steuerpolitiken umzusetzen. Die dbb bundesfrauenvertretung begrüßt das Vorgehen und fordert eine schnelle Umsetzung auf nationaler Ebene.

„Die Fortschrittlichkeit des Europäischen Parlaments begrüße ich sehr. Diese Entschließung legt den Finger in die Wunde und ist eine deutliche Handlungsaufforderung an die Mitgliedstaaten“, machte die Vorsitzende der dbb bundesfrauenvertretung, Helene Wildfeuer, am 5. Februar 2019 deutlich und wies auf entsprechende Defizite im deutschen Steuersystem hin. „Das Ehegattensplitting fördert in erster Linie das Vorhandensein des Trauscheins und nicht das von Kindern. Außerdem begünstigt es durch den Splittingvorteil indirekt die geschlechterspezifische Rollenverteilung innerhalb der Familie“, stellte Wildfeuer heraus. Empirisch betrachtet seien es in den meisten Fällen die Frauen, die dem Arbeitsmarkt fernblieben, um sich um die Kinder zu kümmern. „Hier müssen wir endlich ernsthaft über die Abschaffung der im deutschen Steuerrecht verankerten Fehlanreize sprechen, die diese tradierten Rollenverteilungen begünstigen“, so Wildfeuer.

Eine Lösung sieht Milanie Hengst, Vorsitzende der DSTG-Bundesfrauenvertretung, in der Abschaffung der Lohnsteuerklasse V. „Wir sehen einen Trend hin zur getrennten Veranlagung. Immer häufiger wird nach Lohnsteuerklasse IV/IV und Faktorverfahren versteuert. Fast alle EU Staaten kennen nur die Einzelveranlagung von Ehegatten“, erläuterte Hengst. „Anstelle des heutigen Ehegattensplittings wäre alternativ denkbar, einen Unterhaltsausgleich durch Realsplitting auf Höhe des Grundfreibetrags einzuführen.“

Selbstverständlich könne die Europäische Union nur in Übereinstimmung mit dem Subsidiaritätsprinzip steuerpolitische Vorschriften erlassen. Bei der Unterschiedlichkeit der Steuersysteme in der Europäischen Union könnten Maßnahmen nur von den Mitgliedstaaten selbst erlassen werden, räumten Wildfeuer und Hengst ein, „aber die Initiative ist vorbildhaft und stößt auch in Deutschland hoffentlich eine neue Debatte an.“

Ebenfalls in der Entschließung gefordert, wird die Abschaffung der Steuer auf Damenhygieneartikel in der EU. Irland und Großbritannien haben für Damenhygiene- und Pflegeprodukte bereits einen Mehrwertsteuersatz von null Prozent eingeführt. In Deutschland zählen diese Produkte mit 19 Prozent Mehrwertsteuersatz nicht einmal zu den lebensnotwendigen Gütern. „Wenigstens ein reduzierter Steuersatz wäre hier mehr als wünschenswert. Damenhygieneprodukte sind wirklich kein Luxusgut und die Besteuerung benachteiligt Frauen finanziell. Vor dem Hintergrund des geschlechterspezifischen Lohngefälles ist eine Reform hier überfällig“, so Wildfeuer und Hengst.

 

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