Kabinett ändert Tagesordnung

Gesetzentwurf Tarifeinheit: “Nicht der Hauch eines Lösungsansatzes”

Das von der Bundesregierung beabsichtigte Tarifeinheits-Gesetz wird die Hürde der Verfassungsmäßigkeit nicht nehmen. Davon ist der dbb auch nach der Vorlage der Eckpunkte für ein solches Gesetz von Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) überzeugt. Nahles habe „nicht den Hauch eines Lösungsansatzes“ skizziert, wie es eine gesetzliche Regelung ohne Eingriff in die Koalitionsfreiheit und das Streikrecht geben könne, sagte der dbb Bundesvorsitzende Klaus Dauderstädt dem „Handelsblatt“ (Ausgabe vom 1. Juli 2014). Auch andere Gewerkschaften schätzen die Chancen für den Plan der großen Koalition auf Anfrage des „Handelsblatt“ gering ein.

Der Marburger Bund verweist auf die seit Jahren konstante Zahl der tariffähigen Gewerkschaften – es drohten kein Streikchaos und „britische Verhältnisse“. Die Pilotenvereinigung „Cockpit“ warnt vor einem „Verfassungsbruch mit Ansage“. Matthias Jacobs, Arbeitsrechtler an der „Bucerius Law School“, sieht in der beabsichtigten Regelung, dass künftig nur der Tarifvertrag der Gewerkschaft gelten soll, die im Betrieb die meisten Mitglieder hat, ein Streikverbot für die kleinere Gewerkschaft: Das Gesetz „wirkt also wie ein Gewerkschaftsverbot“.

Wie der „Tagesspiegel“ (Ausgabe vom 1. Juli 2014) berichtet, wird sich das Bundeskabinett am morgigen Mittwoch nun offenbar doch nicht wie geplant mit den von Nahles vorgelegten „Eckpunkten für eine gesetzliche Regelung der Tarifeinheit“ befassen. Hintergrund: In der Union wächst laut „Tagesspiegel“-Informationen der Widerstand gegen ein Gesetz, das kleineren Berufsgewerkschaften das Tarifgeschäft erschweren würde. dbb Chef Klaus Dauderstädt: „Das ist die richtige Richtung. Am besten, die Regierung lässt das Vorhaben ganz fallen, anstatt einen überflüssigen und unverantwortlichen Frontalangriff auf das Grundrecht der Koalitionsfreiheit zu starten. Es ist Utopie zu glauben, man könne eine gesetzliche Regelung der Tarifeinheit schaffen, die Artikel 9 des Grundgesetzes, die Koalitionsfreiheit und das dazugehörige Streikrecht, sowie das Recht der Arbeitnehmer auf informationelle Selbstbestimmung nicht verfassungswidrig berührt. Und außerdem gibt es schlicht keine streikwütigen Spartengewerkschaften in Deutschland, sondern eine gesunde und stabile Sozialpartnerschaft zwischen Gewerkschaften und Arbeitgebern, die ohne die Einmischung des Gesetzgebers zu tragfähigen Lösungen findet. Wer diesen international anerkannten Standortfaktor des deutschen Arbeitsmarkts grundlos und ohne Recht gefährdet, handelt grob fahrlässig und sendet die falschen Signale.“

 

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