Brüssel fehlen Gelder für Erasmus und Forschung
Dem laufenden EU-Haushalt könnten angesichts zusätzlicher Aufgaben, die die EU-Mitgliedstaaten der Union zugewiesen haben, Mittel fehlen, um vertragliche und gesetzliche Verpflichtungen einhalten zu können. „Wir Hochschullehrer sehen im Erasmus-Programm ein ganz wichtiges Instrument für den universitären Austausch in Europa“, erklärte der Bundesvorsitzende des Verbandes Hochschule und Wissenschaft (VHW) Josef Arendes am 24. Oktober 2012. „Finanzierungszusagen müssen eingehalten werden“, so der Mainzer Professor für Physiologische Chemie. Das gelte insbesondere auch für Forschungsmittel, für die es Zusagen aus dem laufenden EU-Haushalt gibt. Arendes unterstützt den von der Europäischen Kommission vorgelegten Nachtragshaushalt. „Die Mitgliedstaaten sollten dem Berichtigungshaushalt zustimmen. Ausgerechnet an Bildung und Forschung sparen zu wollen, wäre ein schwerwiegender Fehler.“
Die Europäische Kommission nahm am 23. Oktober einen so genannten Berichtigungshaushalt an, um zusätzliche Mittel für Zahlungen anzufordern, falls die in den Haushaltsplan 2012 eingesetzten Mittel nicht ausreichen. Nach Ansicht der Kommission sind zusätzliche neun Milliarden Euro erforderlich, um den gegebenen Zahlungsverpflichtungen nachkommen zu können. Die fehlenden Haushaltsmittel betreffen neben den Kohäsionsfonds, aus denen ärmere Regionen gefördert werden, vor allem auch die Bereiche Bildung und Forschung.
Arendes teilt die Kritik der Kommission an der Minderausstattung des laufenden Haushaltsplans. „Rat und Parlament müssen ihrer Verantwortung für den Haushalt gerecht werden.“ Gegebene Zusagen müssten eingehalten werden. „Besonders das Erasmus-Programm darf nicht Schaden nehmen“, warnt Arendes. Das Erasmus-Programm ist seit 25 Jahren eine der großen Erfolgsgeschichten der EU und seit dem Hochschuljahr 2007/2008 mit einem deutlich verbesserten Budget Teil des neuen EU-Bildungsprogramms für lebenslanges Lernen (2007-2013). Erasmus ist der stärkste Motor für das Auslandsstudium deutscher Studierender und für Kurzzeitlehraufenthalte deutscher Dozenten an europäischen Gasthochschulen. Im Erasmus-Programm werden zudem Auslandspraktika von Studierenden, die Mobilität von Hochschulpersonal und sogenannter Intensivprogramme wie zum Beispiel Sommerschulen gefördert. Außerdem ermöglicht Erasmus auch Lehraufenthalte ausländischen Unternehmenspersonals an deutschen Hochschulen.
Der VHW-Bundesvorsitzende fordert Verlässlichkeit vor allem auch bei Zusagen für Forschungsprojekte. Laut Kommission fehlen hier 423 Millionen Euro, um zu vermeiden, dass es zu verspäteten Zahlungen kommt. „Die EU hat unbestreitbar zusätzliche Aufgaben wie den Europäischen Auswärtigen Dienst bekommen. Die Strukturfonds sollen den besonders von der Krise betroffenen Staaten helfen, wieder Wachstumsperspektiven zu entwickeln. Besonders die um Deutschland herum grassierende Jugendarbeitslosigkeit soll so bekämpft werden. Das sind enorm wichtige Aufgaben, für die die EU auch einen entsprechenden Haushalt braucht“, so Arendes mit Blick auf die laufenden Verhandlungen zum mehrjährigen Finanzrahmen. „Die Bildungs- und Mobilitätsprogramme der EU tragen in hohem Maße dazu bei, dass sich die wirtschaftliche und politische Integration Europas weiterentwickelt. Damit das gemeinsame Ziel der der EU-Staats- und Regierungschefs, die Europäische Union zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensbasierten Wirtschaftsraum der Welt zu machen, erreicht werden kann, muss auch die Finanzierung der Programme gesichert sein.“