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Eure Stimmen für Demokratie und Frauenrechte

Rund 350 Millionen Europäerinnen und Europäer wählen vom 6. bis 9. Juni 2024 ein neues Parlament. Der Ausgang ist wegweisend dafür, ob Gleichstellungspolitik vorangebracht, gestoppt oder gar umgekehrt wird.

Betrachten wir die Ausgangslage: Bisher konnten die Partien der Fraktionen der Sozialdemokraten, Liberalen, Grünen und Linken eine hauchdünne absolute Mehrheit für soziale Themen wie beispielsweise Frauenrechte und Gleichstellung bilden. Nach den aktuellen Prognosen werden diese Parteien bei der Wahl im Juni große Verluste erleiden und nur noch knapp über 300 der insgesamt 720 Sitze für sich beanspruchen können. Das wird es erschweren, Fortschritte bei Frauenrechten und Gleichstellung zu erreichen. Dagegen erwarten die Prognosen deutliche Zugewinne bei den Konservativen und insbesondere bei den Fraktionen am rechten Rand. Was das bedeutet, zeigt ein Blick in die Wahlprogramme der deutschen Parteien: SPD, Grüne und Linke schlagen konkrete Maßnahmen gegen die Diskriminierung von Frauen vor. Auch CDU und CSU sind für die Gleichstellung von Frauen und Männern. Die AfD dagegen sieht dies als zu bekämpfende „Genderideologie“ und setzt sich für veraltete Rollenbilder ein. 

Milanie Kreutz, stellvertretende dbb Chefin und Vorsitzende der dbb frauen weist auf die Rolle der EU für das alltägliche Leben hin: „Die EU hat in den letzten Jahren bedeutende Schritte zur Verbesserung der Situation der Frauen am Arbeitsmarkt und in der Sozialpolitik gemacht. Dank ihr haben wir in ganz Europa Standards für die Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf. Wir hoffen, dass das kommende Parlament diesen Weg beibehält und nicht mittendrin anhält oder wieder umdreht.“ Frauen können nicht länger den Großteil der unbezahlten Sorgearbeit leisten. Flexible Arbeitszeitmodelle, hybrides Arbeiten und Entgeltersatzleistungen seien nötige Maßnahmen, um Frauen eine bessere Balance zwischen Beruf und Sorgearbeit zu ermöglichen.  

Wer darf mitgestalten? 

Für Kreutz ist die kommende Wahl auch im Hinblick auf die politische Beteiligung von Frauen entscheidend. „Etwa 40 Prozent der Abgeordneten im Europäischen Parlament sind weiblich. Das ist zwar deutlich besser als der Anteil im Deutschen Bundestag (35 Prozent) und den meisten anderen nationalen Parlamenten in Europa (durchschnittlich 30 Prozent), ist aber noch fernab von repräsentativ. Wir brauchen mehr Frauen, die die Politik mitgestalten. Dazu muss die europäische Politik aber frauen- und familienfreundlicher werden.“ Dies dürfte durch den bevorstehenden Rechtsruck allerdings deutlich schwieriger werden. Das Erstarken dieser Parteien wird sich auch rein statistisch kontraproduktiv auf die politische Beteiligung von Frauen auswirken. Denn je weiter rechts eine Fraktion ist, desto geringer ist ihr Frauenanteil.  

Wir brauchen mehr Frauen, die die Politik mitgestalten."

Milanie Kreutz, dbb frauen Chefin

Im Hinblick auf die Spitzenpositionen im Europäischen Parlament (hier sind Frauen derzeit ebenfalls unterrepräsentiert) wird es unter anderem wegweisend, wer den Posten als Kommissarin oder Kommissar für Finanzplanung und Haushalt erhält. Seit 2009 setzt die EU auf Gender Mainstreaming. Das bedeutet, sie berücksichtigt bei allen Entscheidungen die Auswirkungen auf die Gleichstellung. Je nachdem, wer in der neuen Legislaturperiode über den EU-Haushalt entscheidet, wird Gender Budgeting, bzw. eine geschlechtergerechte Verteilung der Gelder, nicht möglich sein.  

Die EU muss zudem mehr tun, um die Gewalt gegen Frauen und Mädchen zu stoppen, fordert Kreutz. „Über die Hälfte der Beschäftigten im Öffentlichen Dienst sind weiblich. Wir beobachten seit Jahren einen erschreckenden Anstieg der Gewalt gegen die Beschäftigten. Die Istanbul-Konvention umzusetzen ist das Fundament. Das eigentliche Bollwerk gegen die zunehmende Gewalt sind konkrete Maßnahmen zum Schutz vor Gewalt, im realen Leben wie online; sowie Prävention und Versorgung der Opfer von Gewalt.“ Tatsächlich sind sich alle demokratischen Parteien einig, dass Frauen und Mädchen besser vor Gewalt geschützt werden müssen. „Allerdings nimmt keine Partei explizit Bezug auf Maßnahmen gegen sexuelle Belästigung und Gewalt am Arbeitsplatz“, kritisiert Kreutz. „Wir machen seit Jahren auf dieses Problem aufmerksam und erwarten parteiübergreifend mehr Engagement.“ 

Kreutz appelliert: Geht zur Wahl 

Die gute Nachricht ist: Die Wahlbeteiligung ist nach einem Tiefpunkt in 2014 seit 2019 europaweit wieder in einem starken Aufwärtstrend. Mehr Menschen erkennen den Stellenwert der Europäischen Union und damit die Wichtigkeit ihrer Stimme. Kreutz appelliert an alle, besonders an die Frauen: „Geht zur Wahl. Und stärkt mit Eurer Stimme die demokratischen Parteien, die fest auf dem Boden unseres Grundgesetzes und der europäischen Werte stehen.“ Deutschland habe mit 96 Sitzen den größten Anteil der Sitze im Europäischen Parlament und kann damit für echte Unterschiede sorgen. Kreutz verdeutlicht: „Aktuell sehen wir in Deutschland und in vielen anderen EU-Staaten starken Zulauf zu rechtsextremen Parteien. Diese Kräfte stehen gegen alles, wofür wir Frauen uns auch im dbb seit Jahrzehnten einsetzen. Sie sind patriarchalisch, reaktionär, fremden- und frauenfeindlich. Europa hingegen steht für Chancengleichheit, für den Kampf für Geschlechtergerechtigkeit, für die Freiheit von jedweder Diskriminierung.“ 

 

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