• Hauptversammlung der dbb bundesfrauenvertretung

Gendergesundheit im Fokus

Gesund alt werden – eine Frage der geschlechtergerechten Mittelverteilung

Dringend notwendige Korrekturen bei der Finanzierung und Organisation des Gesundheitswesens hat die dbb bundesfrauenvertretung auf der Tagung ihrer Hauptversammlung am 27. September 2013 in Potsdam gefordert. „Die Umverteilung der Personalmittel zugunsten einer besseren personellen Ausstattung und höherer Löhne in der Krankenpflege, ist unausweichlich. Das deutsche Gesundheits- und Pflegewesen ist mit der Überalterung der Gesellschaft heillos überfordert. Schon jetzt hängen die meisten Kliniken am Spartropf. Es sind Milliardenüberschüsse bei den Kassen da. Diese müssen gerechter verteilt werden“, stellte Helene Wildfeuer in der Podiumsdiskussion zum Thema „Gendergesundheit: Gesund alt werden – eine Frage der Geschlechtergerechtigkeit?“ gegenüber Vertreterinnen des brandenburgischen Landtags klar. Darüber hinaus müsse auch für eine konsequente Förderung von präventiven Maßnahmen im Berufsalltag sowie eine gerechte Zuweisung von geschlechterspezifischen Gesundheitsleistungen gesorgt sein. „Gesund alt werden ist eine Frage der geschlechtergerechten Mittelverteilung. Dafür einzustehen, ist Aufgabe der Politik und der öffentlichen Arbeitgeber“, verdeutlichte die Vorsitzende.

Im Gespräch mit Brandenburgs Gesundheitsministerin Anita Tack warnte Helene Wildfeuer vor den Auswirkungen der demografischen Entwicklungen auf das Gesundheitswesen im ländlichen Raum. Auf der einen Seite steige die Zahl der Älteren, die auf eine gesundheitliche Versorgung und Pflege angewiesen seien rasant. Auf der anderen Seite würden Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen gezwungen, weiter Personal abzubauen und Behandlungen auf ein Minimum zu beschränken, um ihren Betrieb aufrechterhalten zu können. „Das zehrt an der Gesundheit der überwiegend weiblichen Pflegekräfte. Wenn jetzt nichts passiert, werden die Pflegenden bald selbst zu Patientinnen“, machte Helene Wildfeuer deutlich und verwies auf die schwierige Situation in brandenburgischen Kliniken und Pflegeeinrichtungen. Dort seien die Krankenhäuser flächendeckend aus dem kommunalen Arbeitgeberverband ausgetreten, um die tariflichen Lohnerhöhung nicht mittragen zu müssen. Das habe zur Folge gehabt, dass in einigen Häusern die Löhne seit zehn Jahren nicht mehr erhöht wurden. „Die Löhne der Pflegekräfte liegen hier weit unter den geltenden Tarifverträgen. Dass sich immer mehr Beschäftigte aus brandenburgischen Kliniken verabschieden und sich von besseren Konditionen in andere Regionen wie etwa in Bayern und Baden-Württemberg abwerben lassen, ist da nicht verwunderlich“, so die Vorsitzende.

Von der Arbeitgeberseite erwartet die dbb bundesfrauenvertretung ein „ehrlich gemeintes“ Gesundheitsmanagement. „Was wir brauchen sind sattelfeste Vorgesetzte, die Überlastungsmeldungen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ernst nehmen, diese nach oben durchreichen und mit Nachdruck daran arbeiten, Gesundheitsförderung in Zusammenarbeit mit den Beschäftigtenvertretungen passgenau und geschlechterspezifisch zu gestalten“, forderte Helene Wildfeuer. Vor allem schlecht organisierte Arbeitsprozesse, Probleme bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Fehler in der Personalführung, starre Arbeitszeiten und fehlende Handlungsspielräume infolge von hoher Arbeitsverdichtung führten zu Stress und Frustration bei den Beschäftigten. „Und das macht Frauen und Männer unterschiedlich krank“, mahnte die Vorsitzende.

Zudem beanstandet Helene Wildfeuer den Mangel an weiblichen Führungskräften auf allen Ebenen des Gesundheitswesens: „Wir brauchen den weiblichen Blick auf die Gesundheitsversorgung. Dafür müssen wir Frauen an entscheidender Stelle in die Organisation des Gesundheitswesens einbinden.“ Nur so seien die nötigen strukturellen Veränderungen sowie eine ganzheitliche medizinische Versorgung auf lange Sicht zu stemmen. Hier müssen die Vorstände gesetzlicher und privater Versicherer ebenso in die Pflicht genommen werden, wie das Krankenhausmanagement. Aber auch in den berufsständischen Organisation, in den Personalvertretungen der Kliniken und in der Lehre medizinischer Berufe müssten deutlich mehr Führungspositionen mit Frauen besetzt werden, hob Helene Wildfeuer hervor. Damit einhergehen müsse eine stärkere Sensibilisierung für das Thema der gendersensiblen Gesundheitspflege bereits in der Ausbildung. „Was wichtig und richtig für Männer ist, muss noch lange nicht gesundheitsförderlich für Frauen sein – und umgekehrt. Pflegerinnen und Pfleger, aber vor allem die behandelnden Ärzte müssen bereits in ihrer Ausbildung in den geschlechterspezifischen Besonderheiten in Diagnostik und Therapie geschult werden.“

 

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