Verband Bildung Erziehung (VBE)
An 3.500 Schulen fehlen mehr als 15 Prozent der Lehrkräfte
Am 24. November 2023 hat der VBE die Ergebnisse einer repräsentativen forsa-Umfrage unter mehr als 1.300 Schulleitungen vorgestellt. Diese fühlen sich demnach am stärksten belastet von steigenden Verwaltungsarbeiten, dem stetig wachsenden Aufgabenspektrum und Entscheidungen der Politik, die nicht mit Blick auf den Schulalltag getroffen werden.
Der stellvertretende VBE Bundvorsitzende Tomi Neckov sagte dazu: „Es ist ein Fehler, die Expertise aus der Praxis nicht ausreichend in Entscheidungsprozesse einzubinden – oder Entscheidungen gar entgegen der Notwendigkeiten vor Ort zu treffen. Das rächt sich in der Zufriedenheit der Schulleitungen mit der Politik.“ So bewerten die Befragten die Kultusministerien mit der Note 4,3. Das ist der schlechteste Wert seit Beginn der Befragungsreihe im Jahr 2018.
Die größten Herausforderungen an den Schulen sind laut deren Leitungen der Fachkräftemangel, Inklusion und Integration, die Arbeitsbelastung, Gebäude und Ausstattung und die Bürokratie. Stark belastend empfinden 62 Prozent der Befragten die gesellschaftliche Anspruchshaltung, dass Schule alle gesellschaftlichen Probleme lösen soll. Der stellvertretende VBE Bundesvorsitzende stellt fest: „Auch, wenn manche das denken: Schule ist kein Reparaturbetrieb. Manche sehnen ein Bildungssystem zurück, von dem wir uns zum Glück längst wegentwickelt haben. Aber uns fehlen die Ressourcen, um den nächsten Schritt zu gehen. Individuelle Förderung wird ohne ausreichend Lehrkräfte und das Zusammenarbeiten in multiprofessionellen Teams und ohne genügend Zeit für Kooperation nicht gelingen.“ Außerdem wünschen sich Schulleitungen mehr Leitungszeit und Anrechnungsstunden, um weitere Personen aus dem Kollegium mit Aufgaben betreuen zu können. Mehr Personal ist der Schlüssel für Verbesserung der Situation: ob in der erweiterten Schulleitung, als administrative Unterstützung oder im multiprofessionellen Team.
Dieses fehlt aber. Der Lehrkräftemangel ist deutlich spürbar. Bezogen auf Schulen, an denen Stellen nicht besetzt werden konnten, gaben 2021 von den Befragten noch 36 Prozent an, unter 5 Prozent ihrer Stellen nicht besetzen zu können. Dieser Anteil sinkt weiter auf 30 Prozent. Dafür steigt in fast gleichem Umfang der Anteil derer, denen an ihren Schulen über 15 Prozent der Lehrkräfte fehlen, nämlich von 16 Prozent in 2021 auf nun 22 Prozent. Neckov interpretiert die Zahlen: „Es gibt Schulen in bestimmten Vierteln oder Regionen, die beliebter sind als andere und vielleicht auch weniger Schwierigkeiten haben, offene Stellen zu besetzen. Und es gibt Schulen, die starke Probleme bei der Besetzung ihrer offenen Stellen haben. Aus meiner Erfahrung behaupte ich: Dort, wo es die größten Herausforderungen gibt, fehlen die meisten Lehrkräfte. Das setzt eine Abwärtsspirale in Gang, die wir schnellstmöglich stoppen müssen.“ Der Weg der Politik: Seiten- und Quereinstieg ermöglichen. Aber: „Statt den Mehrwert einzelner Externer in das Bildungssystem zu bringen, füllen sie nun Lücken in relevantem Ausmaß – teilweise ohne angemessene Vorqualifizierung oder berufsbegleitende Weiterqualifizierung.“ Der Mangel wirkt wie ein Katalysator für diese Entwicklung und so sagen mittlerweile 66 Prozent der Befragten, dass sie an der Schule Personen beschäftigen, die keine Lehramtsqualifikation erworben haben. Diese Zahl hat sich in den letzten fünf Jahren rasant entwickelt und fast verdoppelt.