Digitale Verwaltung
Der Leitungsausbau muss dringend beschleunigt werden
Im Diskussionspanel „Was geht? – Verwaltung digital und krisenfest. Wie setzen wir die digitale Verwaltung jetzt schnell, effizient und beschäftigtenfreundlich aufs Gleis?“ diskutierten der Zweite Vorsitzende des dbb Friedhelm Schäfer, die Staatssekretärin in der Staatskanzlei Rheinland-Pfalz, Heike Raab, und der Staatssekretär im Bundesministerium des Innern, Dr. Markus Richter.
Aus der Sicht von Heike Raab hat die Verwaltung in Rheinland-Pfalz in den vergangenen zehn Monaten einen gewaltigen Digitalisierungsschub erlebt. Dank der Einführung der E-Akte in Rheinland-Pfalz habe die Anzahl der Heimarbeitsplätze in der Verwaltung von 5 000 auf 30 000 ausgeweitet und die Leitungskapazitäten entsprechend erweitert werden können. „Sogar eine Ministerpräsidentenkonferenz kann jetzt digital stattfinden“, unterstrich Raab, „wir werden nicht in den analogen Sitzungsmodus zurückfallen“. Dabei sei die Nutzung privater Hardware zu Hause je nach Einsatzbereich zwar möglich, dürfe aber keine Dauerlösung sein. „Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssen mit Dienstgeräten ausgestattet werden, das ist auch eine Frage der Datensicherheit“, bekräftigte Raab, „Sensible Verwaltungsdaten oder Daten der Bürgerinnen und Bürger müssen auf landeseigenen Geräten sein.“ Bei der Ausgestaltung des mobilen Arbeitens in der Landesverwaltung setzt Rheinland-Pfalz auf einen Evaluierungsprozess, in den auch die Betriebs- und Personalräte einbezogen sind. Wichtig sei zudem entsprechende Fortbildung auf allen Ebenen. „Das muss von Anfang an in die Ausbildung einbezogen werden.“
Auch beim Breitbandausbau in ländlichen Gebieten habe das Land aufgeholt. Dennoch müsse der Digitalisierungserfolg differenziert betrachtet werden: Während einfache Verwaltungsdienstleistungen online bereits gut funktionierten, gebe es große Defizite, wenn zum Beispiel flächendeckender Fernunterricht laufe. „Der Gigabit- und 5G-Ausbau muss dringend beschleunigt werden, denn digitale Teilhabe darf am Ende nicht davon abhängen, ob die Anbindung eine 100 Megabit Leitung vorhanden ist oder nicht“. Weiter dürften Umweltaspekte nicht außer Acht gelassen werden. Zum Beispiel könne die Digitalisierung so manche dienstliche Flugreise überflüssig machen. Darüber hinaus biete die Digitalisierung auch mehr Möglichkeiten zu bürgerfreundlichen Verwaltungsdienstleistungen, etwa, wenn im Zuge des Landestransparenzgesetzes, das in Rheinland-Pfalz seit vier Jahren in Kraft ist, öffentliche Daten unter Wahrung der Persönlichkeitsrechte kostenfrei zur Verfügung gestellt werden.
dbb Vize Friedhelm Schäfer befürchtete, dass der aktuelle Digitalisierungsrückstand zum Standortnachteil für Deutschland werden kann: „Wir müssen uns beeilen. Der Breitbandausbau ist dabei von entscheidender Bedeutung. Das Onlinezugangsgesetz wird bei Bürgerinnen und Bürgern nur positiv aufgenommen werden, wenn überall im Land – auch in ländlichen Regionen – eine ‚rumpelfreie‘ Datenübertragung sichergestellt ist.“
Darüber hinaus müsse die Arbeitstechnik für mobiles Arbeiten und Homeoffice generell vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellt werden. „Über Ausnahmen- und Übergangsregelung wird man dabei diskutieren können. Aber es gibt noch viele weitere Fragen: Wie viele Tage ist man denn im Homeoffice? Was wird aus dem festen Arbeitsplatz in der Behörde? Wie wird die Teamkommunikation sichergestellt? Wie wird die Arbeitszeit geregelt und dokumentiert? Wie steht es um den Gesundheitsschutz? Wir haben viele Aspekte des Homeoffice über die wir noch ausführlich reden müssen.“
Dr. Markus Richter sah alle Beschäftigten in der Verwaltung im positiven Sinne von der Digitalisierung betroffen: „Wir haben hochspannende gesellschaftsrelevante Themen, die man mitgestalten kann und ich glaube, dass deutlich mehr mit einer agilen Arbeitsweise möglich wäre, als wir bisher denken. Es ist das Jahr der Umsetzung. Die Weichen sind gestellt. Bis Ende 2022 sollen die Behördendienstleistungen flächendeckend digital verfügbar sein. Das ist ein hochambitionierter Zeitplan. Es geht in den nächsten Monaten vor allem darum, die digitalen Dienstleistungen in die Fläche zu bringen“, so Richter. In diesem Prozess müssten die Mitarbeitenden von Anfang an mitgenommen werden, wofür noch in diesem Jahr eine Digitalakademie gegründet werde, um die neuen Skills zu vermitteln.
Als falschen Ansatz betrachtete Richter, dass bei der Digitalisierung zu oft auf die IT-Abteilungen verwiesen werde: „Wir müssen deutlich machen, dass an erster Stelle die Fachabteilungen stehen. Es gibt durch die Digitalisierung viele Möglichkeiten, interne Verwaltungsabläufe zu vereinfachen. Die Gestaltung liegt aber bei der jeweiligen Fachabteilung. Das kann nicht delegiert werden.“