• Ulrich Silberbach

In der Pflege müssen wir europäisch denken

Aktuell verhandeln das Europäische Parlament, der Rat und die Kommission im so genannten Trilog über die europaweite Anerkennung des Pflegeberufs. Dabei stehen vor allem die Anforderungen an die Ausbildung von Krankenschwestern und –Krankenpflegern im Vordergrund. Der stellvertretende dbb Bundesvorsitzende und Chef der komba gewerkschaft, Ulrich Silberbach, geht davon aus, dass die deutsche Berufsausbildung im Wege des dualen Systems voll anerkannt wird und damit erhalten bleibt. „Das Abitur kann nicht der alleinige Weg für eine Qualifizierung in diesem wichtigen Beruf sein. Wir haben mit der mittleren Reife nach zehn Schuljahren und der anschließenden Krankenpflegeausbildung in den Krankenhäusern und den Berufsschulen ein gut funktionierendes, Qualität sicherndes System.“

Zu den seit Ende Februar laufenden Trilog-Verhandlungen sagte Silberbach: „Offenbar konnte ein Kompromiss gefunden werden, der die angestrebte Mobilität der Arbeitnehmer in Europa erlaubt, ohne den deutschen Berufsabschluss in Frage zu stellen.“ Die EU-Kommission hatte zunächst vorgeschlagen, zwölf Jahre allgemeinbildende Schule europaweit als Voraussetzung für den Krankenpflegeberuf vorzusehen. Für Deutschland hätte dies de facto bedeutet, dass fortan statt der mittleren Reife zumindest das Fachabitur erforderlich gewesen wäre, über das aber nur etwa die Hälfte des pflegenden Personals verfügt. „Die dreijährige Ausbildung im dualen System setzt höchste Qualitätsstandards. Sie muss eine europaweite Verwendung erlauben“, so der komba Chef.

„Ich setze darauf, dass der europäische Gesetzgeber zu einer Lösung findet, die den Erhalt des deutschen Berufsbildungsweges für qualifizierte Pflegekräfte erlaubt“, sagte Silberbach mit Blick auf die für September erwartete Erste Lesung im Europäischen Parlament. „Alles andere würde die ohnehin bestehenden Personalengpässe dramatisch verschärfen.“ Der Ansatz der EU-Kommission, die Arbeitnehmermobilität in Europa zu fördern sei grundsätzlich richtig. „Es darf aber nicht alles über einen Kamm geschert werden.“

Der demografische Wandel müsse vielmehr dazu führen, verstärkt über die Attraktivität der Arbeitsplätze im Gesundheitsbereich nachzudenken. „Die Politik muss sich die Frage gefallen lassen, ob die Kolleginnen und Kollegen überhaupt angemessen für die hohen Anforderungen entlohnt werden. Wir haben längst schon zu wenig qualifiziertes Personal in den Krankenhäusern. Die physischen und psychischen Belastungen der Beschäftigten nehmen aufgrund der immer höheren Arbeitsdichte stetig zu“, so Silberbach. Dies betreffe bei weitem nicht nur die Verhältnisse in Deutschland. „Ich weiß von europäischen Kolleginnen und Kollegen, dass sie auch zunehmend Schwierigkeiten haben. Die EU-Kommission sollte Empfehlungen an die Mitgliedstaaten aussprechen, den Pflegeberuf attraktiver zu gestalten. Wir müssen in der Pflege europäisch denken.“

 

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