Neue Regeln zur Arbeitnehmerüberlassung in Kraft
Seit dem 1. April 2017 sind neue Regeln zur Arbeitnehmerüberlassung in Kraft. So wird etwa der Einsatz von Leiharbeitern auf 18 Monate beschränkt, nach 9 Monaten im Unternehmen sollen sie genauso viel verdienen wie die Stammbelegschaft. Auch die Informations- und Beratungsrechte des Betriebsrats im Zusammenhang mit Leiharbeit wurden konkretisiert. Allerdings gehen die Neuregelungen kaum über das hinaus, was die Rechtsprechung den Betriebsräten ohnehin schon zugestanden hat. Wirksamere Instrumente, insbesondere Mitbestimmungsrechte, um den Missbrauch von Leiharbeit und Werkvertragsgestaltungen auf betrieblicher Ebene zu verhindern, werden den Betriebsräten nicht an die Hand gegeben. Allerdings bemüht sich das Gesetz um eine bessere Abgrenzung von Arbeitsvertrag und Scheinselbstständigkeit.
Die neuen Regelungen durch das „Gesetz zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes“ im Überblick:
Betriebsverfassungsrechtlichen Regelungen
Mit der Einfügung der Sätze 4 bis 6 in § 14 Abs. 2 AÜG vollzieht das Gesetz die in der Rechtsprechung sukzessive erfolgte Einbeziehung der Leiharbeitnehmer in die Schwellenwerte der betrieblichen und der Unternehmensmitbestimmung nun endgültig. Danach sind Leiharbeitnehmer in den Bereichen der Betriebsverfassung (außer § 112a), des Europäischen Betriebsräte-Gesetzes sowie der zugehörigen Wahlordnungen im Entleiherbetrieb bei der Berechnung der Schwellenwerte grundsätzlich, im Bereich der Unternehmensmitbestimmung erst bei einer sechs Monate übersteigenden Einsatzdauer zu berücksichtigen.
In § 80 Abs. 2 BetrVG wird darüber hinaus klargestellt, dass die auch bisher schon verpflichtende Unterrichtung über die Beschäftigung von Personen, die nicht in einem Arbeitsverhältnis zum Arbeitgeber stehen, „insbesondere den zeitlichen Umfang des Einsatzes, den Einsatzort und die Arbeitsaufgaben dieser Personen“ zu umfassen hat. Nach der Neufassung des § 92 Abs. 1 BetrVG schließt die Unterrichtungspflicht des Arbeitgebers gegenüber dem Betriebsrat bei der Personalplanung, insbesondere über den gegenwärtigen und künftigen Personalbedarf sowie über die sich daraus ergebenden personellen Maßnahmen „die geplante Beschäftigung von Personen, die nicht in einem Arbeitsverhältnis zum Arbeitgeber stehen“ mit ein.
Bezüglich der betriebsverfassungsrechtlichen Regelungen geht das Gesetz damit kaum über das hinaus, was die Rechtsprechung den Betriebsräten ohnehin schon zugestanden hat. Wirksamere Instrumente, insbesondere Mitbestimmungsrechte, um den Missbrauch von Leiharbeit und Werkvertragsgestaltungen auf betrieblicher Ebene zu verhindern, werden den Betriebsräten nicht an die Hand gegeben.
Einführung einer Überlassungshöchstdauer von 18 Monaten
Seit dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes am 1. April 2017 dürfen Leiharbeitnehmer beim gleichen Entleiher nur noch 18 aufeinanderfolgende Monate beschäftigt werden.
In einem Tarifvertrag der Einsatzbranche oder auf Grund eines solchen Tarifvertrages in einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung können abweichende Regelungen vereinbart werden. In tarifgebundenen Unternehmen sind damit längere Einsatzzeiten von über 18 Monaten möglich. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können in nicht tarifgebundenen Unternehmen die tarifvertraglichen Regelungen zur Überlassungshöchstdauer inhaltsgleich durch Betriebs- oder Dienstvereinbarung übernommen werden, allerdings nur bis zu einer Überlassungshöchstdauer von längstens 24 Monaten.
Im Fall der Überschreitung der Höchstüberlassungsdauer kommt es nach dem neuen Gesetz zu einem Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer. Dies gilt allerdings dann nicht, wenn der Leiharbeitnehmer widerspricht. Im Gesetzgebungsverfahren sind die formellen Anforderungen an diese so genannte Festhaltens- bzw. Widerspruchserklärung des Leiharbeitnehmers verschärft worden. Die Festhaltenserklärung ist nun lediglich dann beachtlich, wenn der Leiharbeitnehmer sie persönlich bei der zuständigen Bundesagentur für Arbeit vorlegt und diese das Datum der Vorlage und eine Identitätsfeststellung vermerkt. Dadurch soll ausgeschlossen werden, dass der Leiharbeitnehmer eine Festhaltenserklärung unterschreibt, in die erst nachträglich durch Verleiher oder Entleiher ein nicht zutreffendes Datum eingetragen wird.
Gleichstellung nach neun Monaten hinsichtlich des Arbeitsentgeltes
Die zweite wesentliche Änderung im neuen AÜG beinhaltet, dass zukünftig grundsätzlich nach spätestens neun Monaten Leiharbeitnehmer hinsichtlich des Arbeitsentgeltes mit vergleichbaren Stammarbeitnehmern beim Entleiher gleichgestellt werden müssen. Ausweislich der Gesetzesbegründung soll zum Arbeitsentgelt jede Vergütung zählen, die aus Anlass des Arbeitsverhältnisses gewährt wird bzw. aufgrund gesetzlicher Entgeltfortzahlungstatbestände gewährt werden muss, insbesondere Urlaubsentgelt, Entgeltfortzahlung, Sonderzulagen, Zulagen und Zuschläge sowie vermögenswirksame Leistungen. Auch gehören zum Arbeitsentgelt Sachbezüge, die der Entleiher seinen Stammarbeitnehmern gewährt, wobei der Verleiher diesbezüglich dem Leiharbeitnehmer einen Wertausgleich zahlen kann.
Falls für das Arbeitsverhältnis ein Branchenzuschlagstarifvertrag gilt, der eine stufenweise Heranführung des Arbeitsentgelts vorsieht, kann der Neun-Monatszeitraum durch Tarifvertrag auf maximal 15 Monate ausgedehnt werden. Spätestens zu diesem Zeitpunkt muss allerdings ein gleichwertiges Arbeitsentgelt erreicht werden. Die stufenweise Heranführung an dieses Arbeitsentgelt muss spätestens nach einer Einarbeitungszeit von sechs Wochen beginnen.
Kein Einsatz von Leiharbeitnehmern als Streikbrecher
Leiharbeitnehmer dürfen künftig nicht mehr eingesetzt werden, soweit der Betrieb des Entleihers unmittelbar durch einen Arbeitskampf betroffen ist. Anders als im Referentenentwurf vorgesehen, soll ein Einsatz dann möglich sein, wenn der Entleiher sicherstellt, dass Leiharbeitnehmer keine Tätigkeit übernehmen, die bisher von Arbeitnehmern erledigt wurde, die sich im Arbeitskampf befinden oder ihrerseits Tätigkeiten von Arbeitnehmern, die sich im Arbeitskampf befinden, übernommen haben.
Missbrauch von Werkvertragsgestaltungen
Eine vorsorglich eingeholte Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis für eine Vertragskonstellation im Grenzbereich zum Werk-/Dienstvertrag wird nicht mehr helfen, wenn es sich tatsächlich um einen Schein-Werk- oder Schein-Dienstvertrag handelt und letztendlich eine Arbeitnehmerüberlassung vorliegt. Folge ist auch in diesem Fall die Entstehung eines Arbeitsverhältnisses zwischen dem Leiharbeitnehmer und dem Entleiher. Ersterer kann dem aber - wie oben beschrieben - widersprechen. Auch muss zukünftig der Vertrag mit dem Entleiher ausdrücklich als Arbeitnehmerüberlassung gekennzeichnet und die Person des Leiharbeitnehmers bereits vor der Überlassung namentlich konkretisiert werden. Der Leiharbeitnehmer ist vor jeder Überlassung darüber zu informieren, dass er als solcher tätig wird.
Weiterverleih von Leiharbeitnehmern
Der Weiterverleih von Leiharbeitnehmern ist verboten. Wenn bei einem derartigen Fremdpersonaleinsatz weitere Unternehmen ohne arbeitsvertragliche Beziehung zum Leiharbeitnehmer zwischengeschaltet werden und die Überlassungshöchstdauer überschritten ist, keine Verleiherlaubnis besteht oder eine verdeckte Arbeitnehmerüberlassung vorliegt, wird das Arbeitsverhältnis des Leiharbeitnehmers zum Einsatzarbeitgeber fingiert, bei dem die Arbeitsleistung tatsächlich erbracht wird.
Personalgestellung
Geregelt wird ferner, dass die Vorgaben des AÜG in weiten Teilen auf die in Tarifverträgen des öffentlichen Dienstes vorgesehenen Personalgestellungen nicht anwendbar sind (beispielsweise § 4 Absatz 3 TVöD). Diese Personalgestellungen sind dadurch gekennzeichnet, dass bei einer Verlagerung der Aufgaben einer oder eines Beschäftigten auf einen Dritten das Arbeitsverhältnis mit dem bisherigen Arbeitgeber weiterbesteht, die arbeitsvertraglich geschuldete Leistung jedoch zukünftig bei dem Dritten nach dessen Weisungen erbracht wird. Die Regelung beseitigt bestehende Rechtsunsicherheiten, ob und inwieweit das AÜG auf Personalgestellungen Anwendung findet.