Gericht der Europäischen Union (EuG)

Rahmenvereinbarung zur Mitbestimmung gilt nicht für zentrale Verwaltungsbehörden

Das Gericht der Europäischen Union (EuG) hat entschieden, dass eine Rahmenvereinbarung der europäischen Sozialpartner zu Informations- und Anhörungsrechten der Beschäftigten beziehungsweise ihrer Gewerkschaften in den zentralen Verwaltungsbehörden nicht von der EU-Kommission umgesetzt werden muss.

„Für den europäischen sozialen Dialog bedeutet diese Entscheidung ganz sicher eine Herausforderung“, sagte der Zweite Vorsitzende und Fachvorstand Beamtenpolitik Friedhelm Schäfer zu dem Urteil vom 24. Oktober 2019. Es sei nachvollziehbar, dass die Europäische Union der Unabhängigen Gewerkschaften (CESI), die die Klage des Europäischen Gewerkschaftsverbands Öffentlicher Dienst (EGÖD) unterstützt hatte, enttäuscht sei. „Niemand hindert uns aber als nationale Sozialpartner, den Inhalt der Rahmenvereinbarung jeweils auf nationaler Ebene umzusetzen, wenn dies nun nicht im Wege einer Richtlinie geschieht.“ Auch diesen Weg sehe der EU-Vertrag für die rechtsverbindliche Umsetzung sozialpartnerschaftlicher Vereinbarungen ausdrücklich vor.

Für Deutschland seien die Inhalte der Vereinbarung zwar schon verwirklicht. „Es spricht aber wenig dagegen, auch diese europäischen Mindestanforderungen zu bestätigen. Denn wir helfen damit Kolleginnen und Kollegen im EU-Ausland, die weniger gute Beteiligungsrechte haben und somit Rückenwind für Vereinbarungen mit ihren Dienstherren bekommen“, zeigte sich Schäfer überzeugt. Zudem beinhalte die Rahmenvereinbarung einen interessanten Aspekt: „Was angemessene Fristen für die Beteiligung in Gesetzgebungsverfahren angeht, ist auch bei uns in Deutschland noch Luft nach oben.“

Aus Sicht des dbb gebe es auch einen positiven Aspekt an dem EuG-Urteil: „Das Gericht sagt klar, dass der öffentliche Dienst in der Regelungskompetenz der Mitgliedstaaten liegt.“ Es sei dem dbb sehr wichtig, dass es zu keinen Normenkollisionen komme. „Wir unterstützen die Anwendung europäischen Rechts auch auf die Beschäftigten des öffentlichen Diensts, etwa im Arbeitsschutz, legen aber größten Wert darauf, dass dies immer systemgerecht, also unter voller Beachtung der Eigenständigkeit des öffentlichen Dienstrechts, geschehen muss.“

Hintergrund:

Bereits im Dezember 2015 hatten die europäischen Sozialpartner im Sektor der zentralen Verwaltungsbehörden eine Rahmenvereinbarung über die Rechte der Angestellten und Beamtinnen und Beamten auf Information und Anhörung geschlossen. Die EU-Kommission hatte es im Frühjahr 2018 nach langer Wartezeit abgelehnt, die Rahmenvereinbarung im Wege einer Richtlinie über den Rat der EU in europäisches Recht umzusetzen. Der EGÖD erhob daraufhin, unterstützt von der CESI, im Mai 2018 Klage vor dem Gericht der Europäischen Union gegen die EU-Kommission. Die Kommission müsse nach EU-Vertrag (Art. 155 AEUV) eine Rahmenvereinbarung der Sozialpartner umsetzen. Das Gericht hat am 24. Oktober 2019 geurteilt, dass die Kommission nicht verpflichtet war, die Rahmenvereinbarung umzusetzen. Die Autonomie der Sozialpartner werde dadurch nicht berührt, sie gelte für den Verhandlungsgegenstand und die Verhandlungen. Das Verhandlungsergebnis sei aber für die Kommission nicht bindend. Sie bleibe unabhängig und habe das alleinige Initiativrecht. Sie entscheide gestützt allein auf die Verträge und das europäische Interesse. Die Entscheidung wurde vom Gericht der Europäischen Union (früher: Gericht erster Instanz) gefällt, das dem Europäischen Gerichtshof nachgeordnet ist. Es ist insbesondere zuständig für Klagen gegen die Institutionen. Eine Revision vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) ist möglich.

 

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