Einkommensrunde Bund und Kommunen

Silberbach warnt Arbeitgebende – Proteste ausgeweitet

Der dbb Bundesvorsitzende Ulrich Silberbach hat die Forderungen zur Einkommensrunde für den öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen bekräftigt und die Arbeitgebenden vor den möglichen Folgen ihrer Verweigerungshaltung gewarnt.

Im Interview mit der Augsburger Allgemeinen (Ausgabe vom 30. Januar 2023) sagte Silberbach: „Unsere Forderung nach 10,5 Prozent, mindestens 500 Euro je Beschäftigten bleibt richtig.“ Der Mindestbetrag sei von Bedeutung, denn „wir müssen auch die unteren Lohngruppen attraktiver machen. Selbst hier finden die Arbeitgeber schwer Arbeitskräfte. Zu viele Stellen bleiben unbesetzt. Das ist das Ergebnis einer jahrzehntelangen falschen Spar-Politik im öffentlichen Dienst.“

Der dbb Chef und Verhandlungsführer warnte vor Arbeitskampfmaßnahmen, wenn die Arbeitgebenden weiterhin keine konstruktiven Angebote machen. Dafür gebe es aber bisher keine Anzeichen. „Ich rechne also mit einer besonders harten Auseinandersetzung und schließe nach Warnstreiks, die schon angelaufen sind, Flächen-Streiks nicht aus. Wir fangen langsam an und steigern uns dann. Die Arbeitgeber sollen wissen: Das ist kein Spaß, eben nicht das übliche Ritual.“

Die Beschäftigten werden entschlossen für ihre Forderungen kämpfen. Das haben die angelaufenen Aktionen bereits gezeigt. Am 27. Januar 2023 wurde in Aachen gestreikt. Mehrere hundert Beschäftigte folgten dem Aufruf zum Warnstreik und legten ihre Arbeit nieder. Der dbb Tarifchef Volker Geyer nahm an der zentralen Kundgebung teil und übte deutliche Kritik an Bundesinnenministerin Nancy Faeser und der Präsidentin der kommunalen Arbeitgeber Karin Welge. „Die beiden loben die Beschäftigten von Bund und Kommunen bei jeder Gelegenheit. Aber sie bleiben stumm, wenn es um konkrete Angebote geht. Die Kolleginnen und Kollegen sind solche Sonntagsreden leid. Sie wollen nicht nur warme Worte, sondern eine spürbare Erhöhung ihrer Einkommen. Denn es wird alles teurer: im Supermarkt, an der Tankstelle, bei den Heizkosten. Wer die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes wirklich wertschätzt, der lässt sie mit diesen Sorgen nicht alleine – oder darf sich andernfalls nicht wundern, wenn sich der Frust darüber auf den Straßen und in den Betrieben entlädt.“ Andreas Hemsing, Bundesvorsitzender der komba gewerkschaft und stellvertretender dbb Bundesvorsitzender, bekräftigte: „Der Druck auf die Arbeitgeber muss jetzt wachsen. Daher stehen die Zeichen nicht nur in Aachen auf Streik. Dass es ohne die Beschäftigten im öffentlichen Dienst nicht geht, werden wir gemeinsam in den kommenden Wochen weiter spürbar und entschieden zeigen.“

Ein deutliches Signal an die Arbeitgebenden schickten auch die 700 Beschäftigten der Bundesagentur für Arbeit (BA), die am 31. Januar 2023 einen ganztägigen Warnstreik durchführten und vor der Zentrale der Behörde in Nürnberg protestiert. Für den Haustarifvertrag der BA ist der TVöD richtungsweisend, die Ergebnisse werden auch auf die dortigen Beschäftigten übertragen. „Die Kolleginnen und Kollegen im öffentlichen Dienst bekommen ständig neue Aufgaben von der Politik übertragen. Bei der BA und in den Jobcentern musste beispielsweise zuletzt im Hauruck-Verfahren die Bürgergeld-Reform gestemmt werden. Aber in das Personal wird viel zu wenig investiert“, machte Volker Geyer dort in seiner Rede deutlich. „Solche Beispiele finden wir überall im öffentlichen Dienst. Gleichzeitig steigen die Kosten durch die hohe Inflation für alle Beschäftigten. Mehr Arbeit erledigen, aber dafür weniger Geld in der Tasche? Das passt nicht zusammen. Deshalb ist unsere Forderung nach 10,5 Prozent mehr, mindestens aber 500 Euro, absolut angemessen.“ Der Bundesvorsitzende der vbba - Gewerkschaft Arbeit und Soziales, Waldemar Dombrowski, forderte ebenfalls eine deutliche Anhebung der Einkommen: „Klar ist, dass die Tarifverhandlungen nur der erste Schritt zu mehr Gerechtigkeit seien können. In einem zweiten Schritt müssen die Ergebnisse dann ohne Abstriche auf die Besoldung und Versorgung des Bundes übertragen werden. Hier haben wir ohnehin eine große offene Baustelle, weil diese längst nicht mehr verfassungskonform sind. Da muss dringend etwas passieren. Von den Beamtinnen und Beamten wird selbstverständlich erwartet, dass sie sich an Recht und Gesetz halten und die Verfassung achten. Diese Erwartungen dürfen sie dann aber auch an ihren Dienstherrn haben.“

Am 1. Februar 2023 haben auch Beschäftigte aus dem Gesundheitsbereich in Niedersachsen im Zuge von aktiven Mittagspausen in Niedersachsen für eine angemessene Einkommenserhöhung demonstriert. Vor dem AWO Psychiatriezentrum in Königslutter unterstützte abermals dbb Tarifchef Volker Geyer die Demonstrierenden. Er sagte: „Man sollte glauben, die Pandemie habe auch dem Letzten deutlich gemacht, dass gute Pflege nicht aus der Portokasse zu bezahlen ist. Weiterhin gilt: Wir brauchen mehr gut ausgebildete Pfleger und wir müssen den Kolleginnen und Kollegen, die sich heute schon tagtäglich aufopfern, eine angemessene Bezahlung zukommen lassen. Das ist in unser aller Interesse. Wenn die Arbeitgeber das bis heute noch nicht begriffen haben und in der Krise für alles und jeden Geld da ist, nur nicht für den öffentlichen Dienst, dann müssen wir uns wehren.“ Auch der 1. Vorsitzender der GeNi – Gewerkschaft für das Gesundheitswesen, Jens Schnepel, forderte mehr Wertschätzung für das Pflegepersonal: „Wieder bleibt ein Signal der Anerkennung durch die Arbeitgeber für die belastenden Tätigkeiten im Krankenhaus aus. Pflege ist Arbeit am Menschen. Die Situation in den Krankenhäusern hat sich in den vergangenen Jahren stetig verschlechtert. Unsere täglichen Herausforderungen werden erschwert durch Personalmangel, zu niedrige Bezahlung und eine geringe Wertschätzung unserer Tätigkeit. Deswegen demonstrieren wir für mehr Respekt, Anerkennung, Wertschätzung, bessere Arbeitsbedingungen und Entgelt.“

Für die Zeit bis zur zweiten Verhandlungsrunde am 22. und 23. Februar in Potsdam sind weitere Aktionen angekündigt. Alle Informationen dazu gibt es unter www.dbb.de/einkommensrunde.

 

 

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