Neuland gestalten
TV-Entlastung und neues Tarifrecht an den sechs Unikliniken in NRW
Für die sechs Unikliniken in Nordrhein-Westfalen gibt es zukünftig einen Tarifvertrag zur Entlastung. Das ist eine gute Nachricht. Diese sechs Unikliniken sind in Zukunft aber nicht mehr Mitglied der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL). Das ist eine schlechte Nachricht.
„Wir als dbb hätten diese Schwächung des Flächentarifs gerne verhindert“, erläuterte dbb Tarifchef Volker Geyer nach intensivem Austausch mit den Arbeitgebenden. „Aber die TdL hat völlig verlernt, auf aktuelle Problemlagen einzugehen und über das drängende Thema Entlastung zu verhandeln. Vor diesem Hintergrund bleibt der Austritt der Kliniken bedauerlich, muss aber jetzt zum Wohle der Beschäftigten und der Patientinnen und Patienten gestaltet werden. Außerdem benötigen wir rasch eine neue tarifliche Anbindung der Kolleginnen und Kollegen, für die bisher der TV-L galt. In einem Eckpunktepapier mit den Arbeitgebenden haben wir daher vereinbart, dass die von der TdL abgeschlossenen Tarifverträge weiterhin Anwendung finden. Somit ist unter anderem sichergestellt, dass die Beschäftigten der Unikliniken in Nordrhein-Westfalen weiterhin Anspruch auf eine betriebliche Altersversorgung haben.“
Der dbb sei immer für die Stärkung des Flächentarifs, erklärte Geyer. Schließlich arbeiteten die Menschen in den Kliniken in vergleichbarer Weise. Besonders im Gesundheitsbereich seien Konkurrenzsituationen eigentlich zu vermeiden. Wenn das Tarifrecht weiter zerfasere, entstünden Konkurrenzsituationen, die für die Qualität der Pflege nicht förderlich sind. Wenn es neben den Tarifverträgen der privaten Anbieter noch immer mehr Tarifverträge im Bereich des öffentlichen Dienstes gebe, werde auch hier der finanzielle Faktor eine noch größere Rolle spielen. „Allerdings reicht es nicht, wenn nur die Gewerkschaften die Fahne des Flächentarifs hochhalten und die TdL sich nur darin gefällt, zu allen Vorschlägen und Notwendigkeiten NEIN zu sagen“, führt Geyer weiter aus. „Dann muss es eben anders gehen. Und das tut es jetzt in Nordrhein-Westfalen. Für den Tarifvertrag zur Entlastung und die Anerkennung der TdL-Tarifverträge haben wir jetzt ein Eckpunktepapier mit den Arbeitgebenden verfasst. Wir als dbb werden nun dafür sorgen, dass daraus ein guter Tarifvertrag wird.“
Die zentralen Inhalte des Eckpunktepapiers
- Es wird demnach vier verschiedene Entlastungsmodelle geben, die Belastungssituationen und Belastungsausgleiche zugeschnitten auf die jeweiligen Pflege- und Funktionsbereiche definieren:
Modell 1: Schichtgenaues Entlastungsmodell
Modell 2: Bereichsbezogenes Entlastungsmodell
Modell 3: Pauschaliertes Entlastungmodell
Modell 4: Entlastungsmodell durch standortspezi schen Stellenau au - Belastungssituationen entstehen unter anderem bei Unterschreitung von vorgegebenen Mindestpersonalbesetzungen oder bei fachgebietsfremden Einsätzen.
- Der Belastungsausgleich folgt durch sogenannte Entlastungstage, die vorrangig in ganzen Tagen wie Freizeitausgleich gewährt werden sollen. Auf Wunsch der/des Beschäftigten können die Entlastungstage auch in Geld ausgeglichen werden.
- Zudem wird es strukturelle Verbesserungen für Auszubildende und Dualstudierende im Praxiseinsatz und zusätzliche Tage für Selbstlernzeiten (sogenannte Selbstlerntage) geben.
- Der Tarifvertrag zur Entlastung soll ab dem 1. Januar 2023 schrittweise umgesetzt werden und eine Mindestlaufzeit bis zum 31. Dezember 2028 haben.
- Mit Inkrafttreten des TV-Entlastung soll eine Evaluierungskommission „Entlastung“ an den jeweiligen Unikliniken gegründet werden, die die konkrete Umsetzung der Entlastungsmaßnahmen bewertet.
- Mit Wirkung ab dem 1. Januar 2023 soll ein vollumfänglicher Anerkennungstarifvertrag auf die von der TdL abgeschlossenen Tarifverträge, die für das Land Nordrhein-Westfalen jeweils gelten, abgeschlossen werden. Dieser soll mindestens bis zum 31. Dezember 2029 gelten.
Weiterer Fahrplan
Der dbb wird nun auf Basis des Eckpunktepapiers mit den Arbeitgebenden einen Tarifvertrag zur Entlastung und einen Anerkennungstarifvertrag entwickeln. Zudem ist aktuell ein eigenständiger Arbeitgeberverband, bestehend aus den sechs Unikliniken, in Gründung. Über die weitere Entwicklung wird der dbb berichten.