• Innenansicht des Europäischen Parlaments

Entschließung

Demokratiepaket der Europäischen Kommission

Demokratie und Rechtsstaatlichkeit stehen in der EU unter Druck. In mehreren Mit-gliedstaaten haben Regierungsmehrheiten die demokratische Ordnung ausgehöhlt.

Bewertung des dbb

Der dbb

- ist besorgt über die starke gesellschaftliche Polarisierung und hohe Gewaltbereitschaft, besonders auch gegen Menschen, die den Staat und die öffentliche Ordnung repräsentieren;

- setzt sich für eine Stärkung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung ein und begrüßt dazu auch die aktuelle europäische Initiative;

- unterstreicht die herausgehobene Bedeutung des öffentlichen Dienstes für die staatliche Verfasstheit, für die Bewahrung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in Deutschland und in Europa;

- betont die Bedeutung eines neutralen Berufsbeamtentums für die Bundesrepublik Deutschland, das allein an Recht und Gesetz sowie unverrückbar an die freiheitlich-demokratische Grundordnung gebunden ist, ebenso wie des Europäischen Beamtenstatuts, das die EU-Bediensteten auf die Verträge und das europäische Gemeinwohl verpflichtet;

- spricht sich für europäische Politiken aus, die den gesellschaftlichen Zusammenhalt in der EU stärken;

- betont in diesem Zusammenhang die Bedeutung der sozialen Marktwirtschaft und qualitativ hochwertiger sozialer Sicherungssysteme sowie einer leistungsfähigen Sozialverwaltung;

- befürwortet mehr Investitionen in die Bildung, um die Resilienz unserer demokratischen Gesellschaften gegen autoritäres und menschenverachtendes Denken zu stärken;

- betont die hohe Bedeutung personell und sachlich gut ausgestatteter Polizei- und Justizbehörden, die für Vertrauen in den Rechtsstaat sorgen, sowie einer verlässlichen, bürgernahen öffentlichen Verwaltung, die die Kontinuität öffentlicher Dienstleistungen sicherstellt;

- spricht sich für angemessene Investitionen in die europäischen Nachrichtendienste aus, um Desinformationskampagnen frühzeitig unterbinden und abwehren zu können;

- betont gleichzeitig, dass Freiheit nicht mit absoluter Sicherheit vereinbar ist und freiheitliche Demokratien keine Überwachungsstaaten sein dürfen;

- fordert gezielte Fort- und Weiterbildung für Beschäftigte in sensiblen öffentlichen Einrichtungen, um Angriffe auf die freiheitlich-demokratische Grundordnung rechtzeitig zu erkennen und angemessen reagieren zu können;

- erachtet Transparenz für einen wichtigen Grundsatz der Demokratie;

- unterstützt das Vorhaben, Lobbyisten und auch Nichtregierungsorganisationen zur Offenlegung finanzieller Unterstützung aus Drittstaaten zu verpflichten;

- betont allerdings, dass die Finanzierung aus Drittstaaten nur dann ein Problem darstellt, wenn es sich bei diesen um autoritäre Regime handelt oder wenn Organisationen in demokratisch verfassten Drittstaaten nachweislich im Sinne solcher Regime handeln oder missbraucht werden, um in deren Auftrag oder Interesse über finanzielle Zuwendungen Einfluss auf Adressaten in EU-Staaten zu nehmen;

- fordert bei allen Bemühungen um Resilienz und Gefahrenabwehr die strikte Einhaltung rechtsstaatlicher Grundsätze und in Bezug auf Zuwendungen aus Drittstaaten Einzelfallprüfungen, ehe materiell wirksame Schlussfolgerungen gezogen werden;

- betont die Bedeutung der Medienfreiheit und -vielfalt für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit.

Vielerorts wird die Medienfreiheit eingeschränkt, werden staatliche Medien gleichgeschaltet, private konzentriert und regierungsnah kontrolliert. Die zivilgesellschaftlichen Räume werden immer enger, auch der Dialog der Sozialpartner geschwächt.

Die Polarisierung der europäischen Gesellschaft(en) schreitet voran. In Deutschland versuchen Klima-Demonstranten auf undemokratische Weise auf ihre Anliegen aufmerksam zu machen. Das Vertrauen in demokratische Institutionen, vor allem auf nationaler Ebene, verzeichnet seit vielen Jahren eine rückläufige Tendenz. In allen EU-Staaten fordern extremistische Bewegungen und Parteien die bestehende Ordnung heraus. In Deutschland kommt die rechtsextreme AfD, die unter Beobachtung des Verfassungsschutzes steht, in Umfragen auf 16 Prozent, in ostdeutschen Ländern droht sie bei den nächsten Wahlen zur stärksten Kraft zu werden. In anderen EU-Staaten ist die Lage ähnlich.

Für den öffentlichen Dienst sind das in mehrfacher Hinsicht herausfordernde Entwicklungen. Die Beschäftigten des öffentlichen Diensts stünden vor einem Loyalitätskonflikt, sollten etwa in einzelnen Bundesländern Parteien an die Macht kommen, deren Verfassungstreue in Frage steht. Gleichzeitig sind sie an vielen Stellen mit den Folgen der Polarisierung und Radikalisierung konfrontiert, gleich ob als Dienstleistende oder auch in der Ausübung hoheitlicher Aufgaben. Die seit Jahren zunehmende Gewalt gegen Kolleginnen und Kollegen, die die öffentliche Ordnung repräsentieren, ist untrennbar mit einer Verrohung der Gesellschaft verbunden, die in vielen Teilen Maß und Mitte zu verlieren scheint.

Diese Tendenzen haben keineswegs nur eine innenpolitische Dimension. Extremisten und Radikale werden aus Drittstaaten unterstützt, ideell und materiell, teils offen, häufig verdeckt. Russland betreibt seit vielen Jahren gezielte Desinformation in Deutschland und anderen EU-Staaten, unterstützt extremistische Kräfte wie die AfD auch materiell. Diese spalterische Einflussnahme hat lange vor dem russischen Überfall auf die Ukraine begonnen. China nimmt auf subtilere Weise Einfluss, etwa durch Beteiligungen und Investitionen, verfolgt aber nicht weniger das Ziel einer Schwächung des demokratischen Gesellschaftsmodells und des Zusammenhalts der Demokratien in der Welt.

Die Europäische Kommission veröffentlicht voraussichtlich noch 2023 (ursprünglich 31. Mai) mit dem sogenannten „Demokratiepaket“ eine Reihe von Maßnahmen zur Verteidigung der freiheitlich-demokratischen Ordnung in der Europäischen Union. Im Zentrum des Pakets steht ein Gesetz, das Interessenvertreter, auch Nichtregierungsorganisationen verpflichten soll, Finanzquellen aus Drittstaaten in nationalen Transparenzregistern offenzulegen. Besonders dieser Vorschlag ist umstritten; Nichtregierungsorganisationen kritisieren, die EU wolle Rechtsgrundlagen schaffen, wie sie sonst in Diktaturen üblich sind. Allerdings verfügen neben den USA auch Kanada und Australien über entsprechende Gesetze.

 

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