Bundesseniorenkongress

Teilhabe steigert die Lebensqualität Älterer

Partizipation sollte auf einer bewussten, freiwilligen Entscheidung beruhen, sonst droht ein diskriminierender, exkludierender Effekt für die Betroffenen.

„Die gute Nachricht ist: Menschen leben länger. Das sind gewonnene Jahre“, sagte Sven Lehmann, Parlamentarischer Staatssekretär bei der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, in seinem Grußwort an den 3. Bundesseniorenkongress. „Wir sehen, dass die Lebensqualität älterer Menschen steigt, wenn sie sich einbringen können.“

Der zweite Tag des 3. Bundesseniorenkongresses stand mit seiner öffentlichen Veranstaltung ganz im Zeichen der Partizipation Älterer. Bereits der neugewählte Vorsitzende der dbb bundesseniorenvertretung, Horst Günther Klitzing, und der Bundesvorsitzende des dbb, Ulrich Silberbach, hatten die gesellschaftliche Teilhabe und die dafür notwendigen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen ins Zentrum ihrer Grußworte gestellt.

Sven Lehmann betonte im Anschluss, dass es in der Generationenpolitik um einen Austausch in beide Richtungen gehe, und umriss die Bemühungen der Bundespolitik um mehr Angebote der Begegnung und der gesellschaftlichen Teilhabe für Ältere. So nannte er das Zukunftsprojekt „Kommunen im Wandel“, das attraktivere Kommunen für Menschen in allen Lebensphasen schaffen solle, und die Förderung von Initiativen gegen Einsamkeit, die ja vor allem ältere Menschen betreffe. „Wir müssen die gesellschaftliche Teilhabe aus- und Barrieren abbauen.“ Beispielhaft führte Lehmann hier den Digitalpakt Alter und die nationale Demenzstrategie an.

Auch um eine bessere Pflege bemühe sich die Bundesregierung: „Über drei Millionen Pflegebedürftige werden zu Hause durch ihre Angehörigen versorgt. Wir müssen daher eine bessere Vereinbarkeit zwischen Beruf und Pflege schaffen. Mit einer großangelegten Entgeltreform wollen wir pflegende Angehörige finanziell entlasten. Gleichzeitig müssen wir mehr Menschen für die professionelle Pflege gewinnen. Wir fordern daher, dass das Pflegestudium vergütet wird. Zudem wollen wir die Einstellung ausländischer Pflegekräfte erleichtern.“

Lehmann dankte dem dbb und der bundesseniorenvertretung „für die fruchtbare Zusammenarbeit auf Augenhöhe. Vielen Dank, dass Sie die Politik aktiv mitgestalten.“

„Wir brauchen Leute mit Mut und großer Klappe!“

In seinem Festvortrag „Altersbilder, Altersnormen, Altersgrenzen – wie unsere Vorstellungen vom Alter soziale Teilhabe im Alter beeinflussen“ beschrieb Prof. Dr. Klaus Rothermund sowohl die Vor- als auch die Nachteile, die die Teilhabe für die Akteure und Akteurinnen mit sich bringen kann. Der Altersforscher, der nicht nur Professor für Psychologie an der Friedrich-Schiller-Universität Jena, sondern auch stellvertretender Vorsitzender der 9. Altersberichtskommission ist, zeigte sich davon überzeugt, dass Partizipation stets intrinsisch motiviert sein solle. Es gehe im Kern um Selbstbestimmung. „Die Person muss teilnehmen wollen.“

So sei es, so Rothermund, ebenfalls legitim, wenn Menschen entschieden, sich aus einem Bereich zurückziehen zu wollen. Wer sich etwa beruflich ein Zubrot zur Rente verdienen oder für Angehörige Pflegeleistungen erbringen müsse, sei zu Partizipation gezwungen und vielleicht überfordert. Häufig genug betreffe dies Frauen. „Erzwungene Partizipation muss durch staatliche Angebote überflüssig gemacht werden“, forderte er. Zudem sollten Barrieren und Diskriminierungen abgebaut werden. Beispielsweise dürfe die Digitalisierung nicht zum Zwang werden, die Vielfalt der Angebote solle erhalten bleiben. Rothermund machte sich außerdem für die Abschaffung starrer Altersgrenzen beim Berufsausstieg, aber auch in Ehrenämtern stark.

Mögliche Gründe für Altersdiskriminierung sieht der Psychologe in festgefügten Altersbildern über die Generationen hinweg: So wehrten sich Ältere kaum, weil sie die diskriminierende Behandlung für normal hielten, und sie sie, getreu dem Motto „Alter ist eine Tatsache!“, kaum erkennen könnten. Auf diese Weise werde das Alter auf biologische Veränderungen reduziert. „Der Mammutanteil des Alterns ist eine soziale und individuelle Konstruktion. Und die können wir ändern! Das Leben ist im Alter genauso viel wert, wie in jedem anderen Lebensabschnitt!“

Rothermund schlug vor, zunächst ein Bewusstsein für Altersdiskriminierung zu schaffen. Diskriminierungsfälle sollten überall systematisch registriert und auch ausgeräumt werden. Jede öffentliche Einrichtung solle ein Label „altersfairer Betrieb“ ins Repertoire aufnehmen müssen.

Er rief die Betroffenen dazu auf, selbst aktiv zu werden: „Wir brauchen Leute mit Mut und großer Klappe! Jeder ist selbst gefragt, sich mit den eigenen Altersstereotypen auseinanderzusetzen und sie auch aufzubrechen. Doch schauen Sie nicht nur auf die Aktivitäten! Zum Alter gehört auch Rückzug, Weisheit, Kontemplation und das Nachdenken über die wichtigen Dinge im Leben.“

Hintergrund

„Zukunft. Mit uns. Für alle“ - Unter diesem Motto tagte am 16. Und 17. Oktober 2023 das höchste Gremium der dbb bundesseniorenvertretung, der Bundesseniorenkongress. Zu dritten Mal nach 2013 und 2018 wählen die 136 Delegierten, die die Mitglieder der Querschnittorganisation des dbb deutscher Beamtenbund und tarifunion vertreten, eine neue Geschäftsführung der dbb bundesseniorenvertretung. Zudem wollen die dbb Seniorinnen und Senioren so ihren politischen Kurs für die nächsten fünf Jahre abstecken, um sich auch künftig in Politik und Gesellschaft einbringen zu können und das Potenzial des Alters hervorheben.

 

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