dbb magazin 7/8 2015 - page 8

Bundesverfassungsgerichtsurteil:
Zulässigkeit von Altershöchstgrenzen für die Verbeamtung
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat mit
einer am 28. Mai 2015 veröffentlichten Entschei-
dung über die Zulässigkeit von Höchstaltersgren-
zen für die Berufung in ein Beamtenverhältnis
entschieden und Maßstäbe für die Zulässigkeit
von Höchstaltersgrenzen aufgezeigt.
Gegenstand des Verfahrens
waren die Verfassungsbe-
schwerden zweier Lehrkräfte
aus Nordrhein-Westfalen, in
denen es um die Frage ging, ob
die für Lehrkräfte an öffentli-
chen Schulen des Landes gel-
tende Altersgrenze für die
Übernahme in ein Beamtenver-
hältnis auf Probe nach dem
vollendeten 40. Lebensjahr mit
Art. 33 Abs. 2 GG vereinbar ist.
Das BVerfG hat dies verneint,
weil die Altersgrenze durch
Rechtsverordnung festgelegt
worden war, die Entscheidung
aber durch den Gesetzgeber
selbst hätte erfolgen müssen.
Das BVerfG betonte, dass
Höchstaltersgrenzen für die
Übernahme in das Beamten-
verhältnis zunächst einen Ver-
stoß gegen das verfassungs-
rechtliche Leistungsprinzip,
Art. 33 Abs. 2 GG, darstellen.
Anderes gilt für „Einsatzberu-
fe“ mit besonderen körper­
lichen Anforderungen, wie
etwa im Polizei- oder Feuer-
wehrdienst. Der durch Art. 33
Abs. 2 GG gewährte gleiche
Zugang zu allen öffentlichen
Ämtern kann nur durch ein
gleichrangiges Prinzip, das
heißt ebenfalls mit Verfas-
sungsrang, eingeschränkt
werden. Einschlägig ist
Art. 33 Abs. 5 GG.
Der dbb begrüßt das Urteil, da
mit dieser Entscheidung auch
über den Lehrerbereich hinaus
Klarheit über die grundsätzli-
che Zulässigkeit von Höchst­
altersgrenzen geschaffen wur-
de, und sieht sich durch die
Entscheidung in seiner bereits
in der Stellungnahme gegen-
über dem Bundesverfassungs-
gericht vertretenen Auffassung
bestätigt: „Bis zum Erreichen
der Regelaltersgrenze muss da-
nach eine hinreichende aktive
Dienstzeit gewährleistet sein.
Die Entscheidung, wo diese
Grenze liegt, kann nicht dem
Verordnungsgeber überlassen
bleiben, vielmehr ist der Ge-
setzgeber gehalten, die we-
sentlichen Entscheidungen
selbst zu treffen“, so Hans-Ulrich Benra, stellvertretender
dbb Bundesvorsitzender und
Fachvorstand Beamtenpolitik.
Im Hinblick auf die nun viel-
fach anstehenden Fragen hat
das BVerfG Grundsätze fest-
gehalten, an denen sich die
Festlegung von Altersgrenzen
orientieren kann. Danach sind
Altersgrenzen in einem Rah-
men zulässig, der ein ange-
messenes und ausgewogenes
zeitliches Verhältnis zwischen
der Lebensdienstzeit und der
Ruhestandszeit gewährleistet.
Hinzu kommt, dass auch im
Ruhestand ein angemessenes
Einkommensniveau erreicht
sein muss, um die Neutralität
und Unabhängigkeit des Be-
amten zu gewährleisten. Ein
Aspekt, der beachtet werden
muss, ist, dass der Beamte das
Mindestruhegehalt erdienen
kann. „Das BVerfG geht hier
von einem Zeitrahmen von
etwa 19,5 Jahren aus. Da auch
noch andere Faktoren zu
berücksichtigen sind, etwa
weitere bestehende Alters­
sicherungsansprüche, räumt
das Bundesverfassungsgericht
dem Gesetzgeber hier aber
einen Spielraum ein“, so
Benra.
Arbeitnehmerüberlassungsgesetz:
Mehr Rechte für Leiharbeitnehmer
„Der Spaltung von Belegschaften durch den Ein-
satz von Leiharbeitnehmern muss ein Riegel vor-
geschoben werden.“ Das forderte der stellvertre-
tende dbb Bundesvorsitzende Ulrich Silberbach im
Vorfeld eines Gespräches im Bundesarbeitsminis-
terium zur Weiterentwicklung des Arbeitnehmer-
überlassungsgesetzes am 3. Juni 2015 in Berlin.
Das Bundesministerium für
Arbeit und Soziales hatte den
dbb sowie weitere Verbände
zu der Unterredung mit Staats-
sekretär Thorben Albrecht
eingeladen. Vorab war Gele-
genheit, die Positionen zur
Weiterentwicklung des Arbeit-
nehmerüberlassungsgesetzes
darzulegen. Der dbb trat er-
neut dafür ein, Leiharbeit­
nehmer vom ersten Tag ihrer
Beschäftigung im Entleihbe-
trieb an so zu entlohnen wie
die Stammbelegschaft. „Zu-
dem benötigen wir eine ge-
setzliche Regelung, wonach
der Entleihbetrieb sanktioniert
wird, wenn er Leiharbeitneh-
mer nicht nur vorübergehend
beschäftigt“, forderte Silber-
bach.
Beraten wurde auch über Mög-
lichkeiten zur gesetzlichen Ein-
dämmung des Missbrauches
von Werkverträgen durch die
Unternehmen. „Hier brauchen
wir konkrete Tatbestände im
Arbeitnehmerüberlassungsge-
setz, um eindeutig einen gän-
gigen Werkvertrag von einem
Vertrag zu unterscheiden, der
nur eine Arbeitnehmerüberlas-
sung verschleiern will“, so Sil-
berbach. Mit Blick auf das von
der Bundesregierung auf den
Weg gebrachte Tarifeinheits-
gesetz fügte der dbb Vize hin-
zu: „Wer Tarifeinheit will, muss
auch Regelungen finden, um
weitere Tarifflucht zu verhin-
dern.“
Zudem forderte der dbb,
die Rechte der Betriebs- und
Personalräte beim Abschluss
von Werkverträgen zu erwei-
tern, indem ihnen neben ei-
nem umfassenden Informa­
tionsanspruch auch ein
Mitbestimmungsrecht ein­
geräumt wird.
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